Church building / Kirchengebäude in Thembalethu

... God has chosen the weak things of the world to confound the things which are mighty; And base things of the world, and things which are despised, has God chosen ... (1Cor 1:27.28) p>p>p>

Sonntag, 15. August 2010

Westley, das gestorbene Weizenkorn.

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Gestern wurde Westley beerdigt.

Von 10-13 Uhr wurde in einem größeren Townshiphaus in Nu Dawn Park, das als "Kirche" fungiert Gottesdienst abgehalten und dann fand bis 15.00 Uhr die Beerdigung auf einem kargen Friedhof statt.


Die Kargheit des zwischen Gewerbegebiet und Autobahnzufahrt gelegenen Friedhofs wird vielleicht an dem Foto unten deutlich, auf dem mit Wasser gefüllte Plastikflaschen die "Vasen" für ausgebleichte Plastikblumen darstellen.


Abgesehen davon: Es war die mit Abstand beeindruckendste Abschiedsveranstaltung, an der ich je teilnahm.

Es waren 4 Pastoren anwesend, die abwechselnd  Botschaften brachten. Zwei Pastoren berichteten, was Jesus aus ihrem Leben machte.

Das war geradezu eine Evangelisationsveranstaltung und es gab sogar einen Aufruf zur Lebensübergabe, nachdem man die Realität der Ewigkeit dargestellt hatte. Auch der Lobpreis kam von Herzen und war beeindruckend frisch und fröhlich. In Gedanken habe ich mir die Augen gerieben.

Ein Satz aus einer der Verkündigungen lautete ungefähr so:  

"Der Heilige Geist ist hier. Es die gleiche spürbare Gegenwart Gottes, wie bei einem Sonntagsgottesdienst, einer Hochzeit oder einer Taufe. Lobet den Herrn."

Wenn der blumengeschmückte Sarg nicht in meinem Sichtfeld gestanden hätte, wäre ich lange Zeit nicht auf die Idee gekommen, bei einer Trauerfeier, wie wir es nennen, teilzunehmen. Es war nicht zu vergleichen.


Wie wohl die Meisten nahm ich in Deutschland an Beerdigungen von Menschen teil, die vor ihrem Tod hie und da in die Kirche gingen und vielleicht einen Babytaufschein mit amtlichem Kirchenstempel hatten und Kirchensteuer bezahlten.
Aber ich begegnete niemandem, der Jesus kannte und so erlebte ich mit einer Ausnahme auch nur Beerdigungen von Atheisten oder Namenschristen.

Beerdigungen, bei denen der Pfarrer den Verblichenen entweder "in den Himmel geschmust" hat oder die Hinterbliebenen ohne begründete Hoffnung blieben, weil all ihr Sein und Denken ausschließlich auf die paar Jährchen Diesseits konzentriert war. Da blieb bei den Zurückgebliebenen am Ende nichts als Schmerz und Verzweiflung über den Verlust des Entschlafenen.

Der Pfarrer hat die traurige Angelegenheit oft stereotyp so moderiert:

"Von dann bis dann in der Soundso-Schule gewesen. Von - bis beim TSV XY gekickt. Zwei wohlgeratene Kinder erzogen. Überall beliebt und geschätzt. Auf der Arbeit 40 Jahre treu mit hohem Ansehen gewirkt und nach über 30 Jahren als Vorsitzender des " ... "  leider viel zu früh von uns gegangen." usw.
 
Ach, welch ein Jammer! Diese Beerdigungen waren für mich ja immer noch trauriger, als der Gedanke über den Verlust des geliebten Menschen selbst. Man hätte als unbeteiligter Gast schon beinahe suizidal werden können.

Ich möchte ja niemandem zu Nahe treten - es hat auch mit kulturellen Unterschieden zu tun. Doch wer das liest und sich zu gegebener Stunde daran erinnert: So möchte ich das definitiv nicht :-)

Nix für ungut, ich war etwas abgeschweift - zurück zum gleichwohl traurigen Anlass des Tagesgeschehens:

Wes (rechts) mit Mandy und Justin auf einem Foto 
vom 26. Juni vor dem Jugendgefängnis in Mosselbay

Ich nahm mit Rueben und Jeanné von der Ekklesia-Gemeinde als einzige Weiße an den Feierlichkeiten teil, weil beide Westley kannten und Rueben mit ihm am Pfingstsonntag, dem 23. Mai betete.

Mir persönlich lag Wes als Mensch am Herzen. Außerdem war es mein Herzensanliegen, ein Zeichen bei den Freunden im Township und von der Müllkippe zu setzen. Sie sollen erleben, dass Jesus mehr ist, als tote Religion und frommes Gerede.

Völlig überraschend bat mich mitten in der Veranstaltung Pastor Joey, den ich bis dahin nicht kannte, zur "Trauergemeinde" zu sprechen. Schreck. Also habe ich erzählt wie ich den hilfsbereiten und humorvollen Wes erlebt habe. Daneben lief es ziemlich auf eine Verkündigung der Liebe Gottes hinaus, glaube ich.

Irgendwie ist "es" oder "Er" mit mir irgendwann durchgegangen und ich habe zwei anwesende Männer, die ich als Gott gegenüber ablehnend kennen gelernt habe, direkt von der Plattform aus in Liebe angesprochen. Hups!

Der eine ist Justin, ein enger Freund des erstochenen Wes. Vor kurzem aus dem Knast entlassen und schon mit Rachegedanken für Westleys inhaftierten Mörder. Dennoch - auch ihn kenne ich abgesehen davon als liebenswerten jungen Mann.

Justin, auch auf dem Gruppenfoto oben

Bei dem anderen Mann handelte es sich um Gevin, einen rauen Macho-Burschen, über den ich mal am 8. Mai 2010 in dem Beitrag "Hollywood auf der Müllkippe" berichtete. Wann immer er mich sah, spürte ich seine Ablehnung mir gegenüber.
Irgendwie war ich in sein Territorium "Müllkippe" eingedrungen, in dem er das Sagen hat. Gevin ist es auch, der die Leute nachmittags für das Schrott sammeln entlohnt und wie ich höre, ist einiges nicht legal, was so abläuft. Offenbar war ich ein Eindringling und das behagte ihm wohl nicht.
Wir sprachen allerdings noch nie eine einzige Silbe miteinander ...

Gevin trug gestern zu meiner allergrößten Verblüffung solo und mit guter Stimme ein schönes Lied, "Lass' mich an deinen Wassern ruhen", vor.

Bei meiner Gottesdienstansprache oder wie man das bezeichnen will, habe ich Gevin vor der Gemeinde gesagt, dass mich sein Lied berührt hat und dass Gott ihn liebt.

Als später einer der Pastoren einen Aufruf machte, war Gevin nicht mehr zugegen. Ich verließ meinen Platz und ging durch den ganzen Saal zu Justin, sprach mit ihm und spürte seinen inneren Kampf, weil Gott zu seinem Herzen gesprochen hatte. "Darum, wie der Heilige Geist spricht: Heute, wenn ihr seine Stimme hört, so verstockt eure Herzen nicht" (Hebräer 3,7).

Rueben kam hinzu und wir gingen gemeinsam nach draußen.  

Justin haben wir skizziert, welchen Verlauf sein Leben nehmen wird und wie es ohne Gott endet. Dazu muss man keinen besonderen Weitblick haben. Die jungen Leute stecken in einer Sackgasse aus Abhängigkeit und Gewalt fest. Selten kommt mal einer aus eigener Kraft heraus.

5.Mose 30,19:

"Ich habe dir Leben und Tod, Segen und Fluch vorgelegt; so erwähle nun das Leben, damit du lebst"

Wir standen vor dem Gottesdienstraum, die Trauergäste waren längst gegangen und die Tür war abgeschlossen, als wir noch immer mit Justin und anderen sprachen. Die Entscheidung war so schwer für Justin und fiel letztlich unter Tränen und mit Kloß im Hals. Am Ende haben er und auch der junge Samuel, den ich bis zu unserem Gespräch nicht kannte, eine Entscheidung für Jesus getroffen.

Später habe ich die Jungs mit Pastor Joey, früher selbst Drogenkonsument, in der Erwartung zusammen gebracht, dass sie seine Jugendveranstaltungen besuchen.
Ich möchte, dass diese Jungs erkennen, dass sie nicht für dieses von Negativität geprägte Leben bestimmt sind und es eine Alternative gibt. 

Gevin, Spitzname: "Der starke Mann"

Während des Begräbnisses auf dem Friedhof ist noch was Spannendes passiert.

Traditionell schaufeln Freiwillige unter den männlichen Trauergästen das Grab zu, nachdem der Sarg abgelassen wurde. Stets drei Mann - immer abwechselnd, je nachdem wie lange die Kräfte jeweils reichen.


Das offene Grab muss später zugeschaufelt werden.

Mit von der Schaufel-Partie waren  Gevin und Geo.

Als ich nah bei Gevin stand, habe ich ihn angelächelt seinen Namen gesagt und ihn nur ganz kurz an der Schulter angefasst und ihm den Spaten gegeben.

Er hat zurück gelächelt und freundlich meinen Namen gesagt. Sonst nichts. Huch, er kannte ihn. So, wie ich seinen kannte!?! Das war ein seltsames Gefühl, das ich nicht gut beschreiben kann, aber es war klasse, weil die einseitige Feindschaft offenbar unerwartet aufgegeben wurde. Für mich war das schon etwas bewegend, wie ich zugeben kann.

(Mike, ich habe mich fast gefühlt, wie bei deinem Traum letzte Woche!)


Als wir heute, am Sonntag, zu Besuch in Silvertown waren und Sandwiches an die Kleinkinder verteilten, kam Gevin mit dem Auto vorbeigefahren, sah mich, grinste breit und winkte. Ich glaub's ja kaum.  

Friede ist schön.

Während Männer das Grab zuschaufeln -Gevin in der Mitte- 
singt der Rest durchgängig Lobpreislieder.

In Johannes 12,24 sagt Jesus: "Wenn das Weizenkorn nicht in die Erde fällt und stirbt, so bleibt es allein; wenn es aber stirbt, so bringt es viel Frucht."

So tragisch und traurig der Tod des jungen Westley ist, er hat Menschen berührt. Mich zum Beispiel. Vielleicht hat er zudem das Leben von Justin und Samuel und Gevin und Unbekannten so positiv verändert, dass viel Gutes entstehen kann. Vielleicht macht Justin keine Knastkarriere, sondern wird ein Mann Gottes, durch den selbst Leben verändert werden?

Möglicherweise erfahre ich nie Näheres.

Sami und Wes auf der Müllkippe
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