Church building / Kirchengebäude in Thembalethu

... God has chosen the weak things of the world to confound the things which are mighty; And base things of the world, and things which are despised, has God chosen ... (1Cor 1:27.28) p>p>p>

Samstag, 26. Juni 2010

Das Feuerzeug von Sharif. Jugendgefängnis Mosselbaai. Wann glaube ich mir selbst nicht mehr?

Irgendwann kommt ja der Punkt, an dem ich mir selbst nicht mehr glaube. Ich erlebe viele krasse Sachen.

Die Geschichte mit dem Feuerzeug gehört dazu:

Gestern war ich ein paar Stunden bei Papa Oli und habe mir eine Portion christlicher Lebensweisheit bei Tee und Keksen abgeholt.
Er erzählte, wie er nach 20 Jahren als hauptamtlicher Pastor die Erfolgsleiter der südafrikanischen Pfingstbewegung in den 1960ern erklommen, in allen entscheidenden Gremien vertreten war und weltweit gepredigt hatte. Nach außen war er zwar allseits anerkannt, in seinem Herzen hatte sich aber zuletzt Dürre und Leere breitgemacht und die Ehe war gefährdet.
Als er sich an Gott wandte, zeigte ihm dieser ein Bild einer Schlangengrube, in die einzelne Schlangen hineingefallen waren, die nicht mehr herauskommen konnten. Jede Schlange stand für ein einen Umstand, den er selbst zu verantworten hatte. Richten von Mitgliedern seiner Gemeindeleitung. Rechthaberei. Stolz. Lieblosigkeiten. usw.
Die Schlangengrube war das Abbild seines Herzens. Nur durch Aufgabe des eigenen Ego, das "Sterben" und die Übergabe des Steuers an Jesus, wurde das Ruder herumgerissen und sein Leben wieder in die richtige Bahn gelenkt.  Was haben die beiden heute für eine Ehe. 65 Jahre verheiratet.

Als ich irgendwann ging, fuhr ich nach Lawaaikamp, um Angela und Sheila zum Gottesdienst abzuholen. Da ich zu früh da war, wollte ich noch eine 1/2 Stunde die spannende Geschichte von 2.Chronik 20 lesen.

So spricht der Herr zu euch: Fürchtet euch nicht und erschreckt nicht vor diesem großen Haufen; denn nicht eure, sondern Gottes Sache ist der Kampf!

Ich kam aber beim Lesen nicht weit, den Ishmail einer der somalischen Buben, die ich dort kenne, störte mich und wollte reden. Als Ishmail mich verließ, hatte ich keine Bibel in der Hand und es geschah etwas Erstaunliches:

Ein junger Mann, ein abgewrackt wirkender Rastatyp mit Jamaika-Outfit, den ich noch nie zuvor sah, stand plötzlich an der Fahrertür und zeigte mir durch die geschlossene Scheibe ein goldenes Feuerzeug. Ich kurbelte das Fenster ein wenig herunter und er sagte mir unaufgefordert:

Ich komme aus Kapstadt. Das Feuerzeug habe ich in einem Hotel gestohlen. Ich möchte ehrlich sein und dich nicht anlügen.

Absolut ungewöhnlicher Beginn einer Konversation. Zumal in einem mit Kriminalität hochbelasteten Gebiet wie einem Township! Was soll das denn? - aber mein Interesse war geweckt.

Also bin ich ausgestiegen und habe ihm erklärt, dass er sein Leben weniger mit mir, als viel mehr mit Gott bereinigen müsse.

Er wollte zu mir ins Auto einsteigen und sagte, dass er etwas in dem Auto gesehen habe und er spüre, dass ich ihn annehme er nehme jetzt den Frieden wahr, usw. !?!

Er erzählte mir er sei Moslem mit Namen Sharif. 28 Jahre alt. Käme aus dem Pollsmore-Prison in Kapstadt. Mitglied der Nummernbande 26.

Wieder, wie bei Pieter in der Stadt vor ein paar Tagen, die ganze Geschichte. Die Leute der Nummernbanden (es gibt 26, 27 und 28er) kommen einfach so zu mir und schütten mir ihr Herz aus. Das kann doch kein Mensch "machen", sowas. Immerhin ist ja auch nicht jeder, der hier rumläuft, ein Knastologe von den "Nummern". So viele gibt es ja nun davon auch wieder nicht.

Kurzer Ausschnitt aus englischer Wikipedia:

The various gangs are called "The Numbers" (there are the 26s, the 27s and the 28s gangs), and are so powerful that they lock their members into the gang. Few members achieve the means to leave the gang.  They tattoo their ranks on their bodies, even their faces so that even outside prison their status is clear. Some members are so tied in to the gang culture that life outside is unthinkable, and would rather confess to a crime they didn't commit than be free men walking the streets.
The majority of prisoners are from depressed communities where there is large-scale unemployment, a lack of educational and other facilities, homelessness and gangsterism. 

Jedenfalls war Sharif, der aus Delville Park, Pacaltsdorp kommt, in Lawaaikamp zu "Besuch", um beim Großhändler Rauschgift, "TIK" zu kaufen. Er erzählte mir Insiderwissen über die Preisstruktur und den Handel. So was gibt man doch nicht so einfach preis in seiner Situation!?
Hatte mich schon öfters gewundert,warum der ältere Herr gegenüber einen neuen Mercedes fahren kann. Jetzt weiß ich das auch.

TIK ist übrigens eine aggressionssteigernde Droge mit extremem Suchtpotenzial. Man mischt Batteriesäure, Rattengift, Bad- und WC-Reiniger, Ameisengift, Scheuermilch und zerriebenen Toilettenduftstein, erhitzt die Masse und sammelt die kristalline Substanz in einer zerbrochenen Glühbirne. Dann werden die Dämpfe durch einen Strohhalm inhaliert. Das Ausmaß der Lungen- und Gehirnschäden ist verheerend. 

Sharif erzählte mir einiges unangenehme Zeugs, auch Frauengeschichten. Vielleicht, um anzugeben oder, um mich zu testen - und naja, ich lehnte auch sein Angebot ab, Damen für einen gemeinsamen Abend zu organisieren.

Ich ging nicht näher darauf ein und unterhielt mich weiter. Nach einer halben Stunde sagte er mir, er habe noch nie länger als 5 Minuten mit einem Menschen geredet. Er könne das gar nicht!

Schließlich sagte ich ihm, nachdem ich ihm vom einzigen wirklichen Retter erzählte, sinngemaß:

"Bleib' sitzen, wir fahren jetzt zum Gottesdienst, danach bringe ich dich heim. Du wirst heute frei werden."

Er war unruhig, kämpfte mit sich und wand sich manches Mal auf dem Beifahrersitz.

Aber schließlich blieb er ohne den leisesten Widerspruch sitzen und kam mit.

Im Auto habe ich vielfältige Lobpreismusik. Motto: "Dem Juden ein Jude, dem Griechen ein Grieche und dem Rasta ein Rasta!" Immer wieder wollte er das folgende Lied über die Schönheit Gottes hören :-)

Sharifs neues Lieblingslied beginnt: 

"Im Leben jedes Mannes, kommt ein Moment, in dem er durch Amors Pfeil von der Liebe Gottes oder der Schönheit einer Frau getroffen wird. Und manchmal bringt diese Liebe einen Donner in dein Leben - und dieser bringt den Sturm. Sing' darüber! ... 

Liebe ist mehr als nur ein Kuss! Werden wir es zum nächsten Schritt bringen? ...
Und wirst du den Donner in mein Leben bringen - und das Feuer in meine Augen? 
Denn dann wird es Tage der Freude geben, wenn alles Weite so nah sein wird.
Ich habe noch niemals Blitz und Donner so gefühlt, wie jetzt.
Ich war noch nie von einem Wunder getroffen - wie diesem."  -
Treffer. 



Vergangenen Freitag war ich von Pastor Johan eingeladen worden, über meine Erlebnisse zu berichten und so sprach ich heute längere Zeit über den Glauben, die Liebe Gottes - und über das Erfordernis, ganz für Jesus bereit zu sein.

Später, während des Lobpreises, als ich ohne sein Wissen für Sharif betete, war ich versucht, jemanden aus der Gemeinde anzusprechen, um mit und für Sharif zu beten. Ich überwand mich, es zu unterlassen.
Da ich wusste, dass der Heilige Geist diesen jungen Mann bis hierher gebracht hatte, wollte ich bewusst darauf vertrauen, dass er in dieser Gemeinde auch selbst die richtige Person findet, die das tut.

So war es dann auch. Irgendwann kamen 2 und beteten und prophezeiten in sein Leben hinein. Sharif fing an in sich zusammenzusinken und begann hemmungslos zu weinen. Gott hatte ihn berührt.

Hinterher sagte er, dass er das Angenommensein, die Authentizität und die Liebe im Gottesdienst gespürt hat. Er will unbedingt wiederkommen ...

Im gleichen Gottesdienst hatte Angela mich unvermittelt herbeigewunken und gesagt: "Umarme den Bruder hinter mir". Da ich weiß, dass sie das nicht nur aus Spaß an der Freud' so sagt, habe ich das gemacht und dem Unbekannten minutenlang von der Annahme und der Liebe Gottes erzählt und dass alles in den "Augen Jesu" zu finden ist, die ich ihm beschrieb. Es ist einfach so geflossen.
Der weiße junge Mann, etwa 25, kam aus einer Kneipe gegenüber, roch nach Alkohol und Zigarettenrauch, aber auch er hat hemmungslos geweint. Die ganze Zeit, bis nach Ende des Gottesdienstes, als wir aufbrachen. Aha. Weiße Menschen haben also auch Not - und Jesus sieht sie!


Dankt dem Herrn, denn seine Gnade währt ewiglich! (2.Chr 20,21)


Heute, Samstag, fuhr ich mit einigen Jugendlichen von der Müllkippe auf deren Wunsch zum Jugendknast nach Mossel Bay, gut 50 km südlich von George gelegen.

Alicias Cousin hat in Silvertown vor 2 Monaten jemanden mit einigen Messerstichen getötet und Mandys Bruder Rion sitzt wegen Rauschgifthandels ein.
Beide sind etwa 17 Jahre alt. Die Jungs sehen schmächtig und unscheinbar aus.

Die beiden Mädchen Mandy (21) und Alicia (15), haben sehr geweint, als sie die Verwandtschaft hinter der Glasscheibe des Besucherbereiches sahen.

(Mandy, Justin, Alicia, Wesley)
 
Alicias Cousin wusste zwar bereits von einem neu einsitzenden Mithäftling, dass seine Mutter letzte Woche verstorben war. Justin erneuerte das Wissen aber nochmals mit den wenig einfühlsamen Worten und scharfer Tonlage: "Deine Mutter ist tot". Und siehe da: Kein Anzeichen von Trauer oder sonst eine besondere Reaktion bei Empfänger oder Überbringer der Nachricht.

Mir wird wieder bewusst, wie rauh das Leben und wie zerüttet das Familienleben in den Townships zumeist ist.

 (Eingangsbereich des Jugendgefängnisses von Mosselbaai)


Wir waren etwa eine Stunde dort und Jeanné und Alicia haben für und mit den Jungs gebetet. Rion, dessen Eltern ich recht gut kenne, war sehr offen, Alicias Cousin hingegen wirkte abwesend und rutschte auf dem Stuhl hin und her. In ihm hat es gekämpft und er konnte wohl am heutigen Tag nichts annehmen.

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