Nachdem Trevor, der jüngste Sohn des Hauses, heute früh aufgewacht war, erschreckte er die Haushaltshilfe Nohumbile durch seine roten Augen und sein ständiges unmotiviertes Fluchen und sein wirres Reden, so dass sie schließlich Reißaus nahm und bei Nachbarn Schutz suchte.
Als er mich sah, quiekte und schrie er wie am Spieß, weil er beinahe zu Tode erschrak. Meine Güte, mir ist noch kein so belasteter Mensch, wie dieser junge Mann untergekommen. Extreme Pendelausschläge von totaler Angst zu totaler Aggression.
Seine Bibel, die er gerade letzte Woche von seiner Mutter gefordert hatte, wollte er demonstrativ vor dem Haus verbrennen. Es gelang teilweise.
Ich fuhr Trevor in die Stadt, da er nun das Haus bis auf weiteres verlassen wollte und sollte. Dabei ahnte ich nicht, dass weder Koffer noch Inhalt sein Eigentum waren, sondern das anderer Familienmitglieder. Im Auto hörte ich nur bedingt geduldig seinen Hasstiraden auf alles und jeden zu und entließ ihn schließlich.
In der Stadt wollte ich nach einem gemeinsamen Essen mit Jochen an der Teksi Rank, einem Busbahnhof für Minibusse, ein bestimmtes Insektengift kaufen, weil mich in meinem Raum allerlei unbekanntes Zeugs ärgert und an mir sein Unwesen treibt. Namentlich Flöhe und Milben, die sich mit Sprays nicht dauerhaft entfernen lassen.
An der Teksi Rank sehe ich doch, wie ein Mann von einem Fußweg auf die Straße geworfen wird und es dann Schläge und Fußtritte gegen Kopf und Körper setzt. Mehrere Männer, teilweise zumindest Fahrer von diesen Teksis - Minibussen, kamen, schlugen und traten ihn. Jeder durfte mal. Das Opfer lag am Boden und regte sich nicht. Dennoch kamen immer noch selbst ernannte Hüter der Gerechtigkeit und gaben ihm Saures.
Als der Mann blutend auf der Straße lag, ich ihn weggetragen und vor dem Geschäft mit dem gelben Schild an die Mauer gesetzt hatte, wechselte plötzlich das Verhalten der unbeteiligten Menschen. Der Angestellte des betreffenden Geschäfts kam und brachte eine Tasse Wasser, um das Blut etwas abzuwaschen und nun schien man allseits besorgt. Die Schläger hatten sich indes an ihre Fahrzeuge verzogen.
Ich fragte nach dem Grund der rüden Behandlung und erfuhr, dass der Geschlagene -total betrunken- einer Marktfrau in die "Kasse" gegriffen hatte und versuchte, eine Handvoll Kleingeld zu klauen. Ein sehr hartes Urteil erging dann gegen einen, der besinnungslos besoffen war und zudem wehrlos am Boden lag.
Ich dachte bei mir, dass der an sich nicht beteiligte Haupthüter der Gerechtigkeit, der für die paar Mark versuchten Gelddiebstahls dieses Urteil gesprochen und vollstreckt hatte, eine schwere Last auf sich geladen hat.
Es kommt unausweichlich der Tag, an dem er sich wird einigen Fragen stellen müssen. Über seine eigene Gerechtigkeit, die er in seinem Leben walten ließ und auch über die Härte seines heutigen Urteils. "Und so gewiss es den Menschen bestimmt ist, einmal zu sterben, danach aber das Gericht" (Hebr 9,27).
Den Mann, den ich nach den Hintergründen des Geschehens fragte, kenne ich als Bettler aus der Stadt. Ein symphatischer junger weißer Mann. Leider Drogenkonsument. Er hatte ein geschenktes Kreuzchen umhängen und so hatte ich einen Anknüpfungspunkt für ein kurzes Gespräch. Naja, man ahnt es ja ...
Dann wurde mir noch von einem Rasta-Man Hasch zum Kauf angeboten. Ich lehnte mit erhobenen Händen und breitem Lachen unter Hinweis auf Jay Cie dankend ab und hinterließ einen verdutzten Dealer.
Zuhause angekommen, telefonierte ich noch 2,5 Stunden über Skype mit meinen Freunden U. und H. aus unserem Männerkreis und wir hatten einen klasse Gottesdienst zusammen.
Am Abend hatte ich abschließend noch eine lange Zeit mit Smava, die wieder das Gespräch suchte. Die Ereignisse der letzten Tage mit ihrem Sohn aufarbeiten. Ich empfahl ihr u.a., die vielen destruktiven Worte, die sie gestern in meinem Zimmer über ihrem Sohn proklamiert hatte, zurückzunehmen und durch Worte des Lebens zu ersetzen. Unsere Worte haben Kraft. Wir müsssen aufpassen, was wir sagen!
Smava und ich beteten zusammen und bald war wieder ein langer Tag vorüber.
Montag, 24. Mai 2010
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