War Montag beim Opa von Alicia (Spoony), für den wir gebetet hatten und habe ihm etwas Obst vorbeigebracht. Es geht ihm sehr gut. Preist den Herrn.
Am Dienstag früh habe ich Sami zuhause in Silvertown abgeholt, um einen Personalausweis (ID-Book) für die Rente zu beantragen.
War einige Minuten mit ein paar Jungs und einem fast platten Lederfußball zusammen, was immer gut ankommt und von den Erwachsenen umher sehr wohlwollend betrachtet wird.
Als ich mit Sami zusammen den Tag verbrachte, stellte ich fest, wie sehr der Mann unter Dampf steht! Die Frucht des Heiligen Geistes ist ja Liebe, Freude, Friede, Langmut, Freundlichkeit, Güte, Treue, Sanftmut, Selbstbeherrschung (Gal 5,22). Sami hat es. Wie oft er heute Halleluja und "Praise Jesus" mitten in der Stadt laut gerufen hat! Er reißt dabei die Arme hoch, strahlt, lacht, grüßt jeden wildfremden Menschen, gibt vielen die Hand, umarmt andere, als hätte er im Lotto gewonnen. Irgendwann fragte ich nach der soundsovielten überschwänglichen Begrüßung auf der Straße: "Kennst du den?" Antwort: "Nein: Ich arbeite für Jesus! Ich will nichts anderes machen". Es gab heute glaube ich keinen Menschen, mit dem wir zu tun hatten, und dem er nicht irgendetwas in der Art von "Praise Jesus!" zugerufen hätte. Das alles mit einer solch überzeugenden Inbrunst, unfassbar. Und das trotz seiner Wohn- und Lebenssituation.
Er hat mir mit feuchten Augen erzählt, er sei das eine verlorene Schaf gewesen, das Jesus gesucht hat, während er die 99 anderen zurücklies (Lukas 15,3-7).
Immer, falls man an sich selbst zweifeln könnte, ob die Sache mit Gott real ist, brauche ich nur andere anzusehen. Dann weiß ich es.
Wir haben heute über 6 Stunden lang versucht, einen Ausweis bei Home Affairs zu beantragen.
Auf dem Rückweg vom Passfoto anfertigen in der Stadt erhielt er im Vorbeigehen einen Flyer. Jetzt Sami wörtlich: "Was steht da drauf?". Liest selbst: "Herba-Doctor and Healer" (Esoterische Behandlungsmethoden). "Ä-ä. Das brauche ich nicht!". Knüllt spontan das Papier winzig zusammen und wirft es weg. "Ich brauche nur Jesus!" ruft er. Dann eine verächtliche Geste und ebensolcher Gesichtsausdruck wegen des Flyers.
Erstaunlich, wie ihm der Geist Gottes in Windeseile geoffenbart hat, was das ist. Darüber könntest du mit manchen Christen wochenlang brotlos diskutieren. Genau wie über Harry Potter, Yoga & Co. (was ich nicht mache).
Mit Sami in der Stadt ist es wie mit Crocodile Dundee in New York. Ich darf ich nicht aus den Augen lassen und muss ihn genau anweisen. Alles ist ihm völlig fremd. Er weiß nicht, wie die Warteschlange auf dem Amt funktioniert. Besonders technische Dinge im Alltag, die für uns selbstverständlich sind, stellen ihn vor Rätsel. So kann er z.B. die Sicherheitstüren nicht ohne Hilfe passieren. Sami hat nie einen Ausweis besessen, nie die Schule besucht, kann nicht schreiben. Auf einem Formular hat er, als ich ihm seinen Namen buchstabierte, mit langsamst gemalten Krakel-Lettern S A M U E L "unterschrieben". Beim "E" hat er besonders gerudert, das musste ich ihm auf dem Formular nochmal zum Abmalen zeigen. Sami vermutet für sich das Geburtsjahr 1948 (seine Schwägerin bestätigte es) und er kennt weder seinen Geburtsmonat, geschweige denn den -tag. Er meint, er sei in George geboren, seine Mutter meint, in Dysseldorp. Das übersteigt alles meinen Verstehenshorizont.
Aber mein Freund Sami kann lesen und hat ein sehr großes, frohes Herz!
Im squatter camp Silvertown ist Sami nur geduldeter Mitbewohner bei seiner Nichte (die Dame im Bild mit Baby) in Hütte Nr. 146 ohne WC, Wasser und Strom. In Silvertown stehen ein paar geruchsintensive Dixieklos umher. Gekocht wird im Freien mit Holz.
Unterbrochen wurde unsere Zeit bei Home Affairs durch 2 Fahrten ins Altenheim von Rosemor zu seiner Mutter, Maria (96), die entgegen seiner Vermutung keine Geburtsurkunde hatte.
Das war die Abschiedsumarmung. Die Begrüßung, an der ich teilnehmen durfte, als gehörte ich dazu, fand für die beiden unter vielen Wiedersehens-Freudentränen statt. (Sami bestand darauf, mich seiner Mutter vorzustellen.)
Der Wohnstandard der ansonsten von außen recht ansehnlichen Häuschen im Altenheim ist gering.
Auch bei der zuständigen Kirche waren wir wegen einer Taufurkunde, aber bei einem Brand waren viele Dokumente vernichtet worden. Die sehr zuvorkommende Kirchenbedienstete wälzte leider vergebens die Kirchenbücher.
Nun haben wir seine Schwägerin Patricia (54), mit uns zum Amt gebracht, damit sie Samis Identität bestätigen kann.
Wie gesagt über 6 Stunden nonstop. Ergebnis: für Samstag, 08.00 Uhr, ist nun ein "Interview" bei der Behörde anberaumt, um erstmalig eine Geburtsurkunde für den 62-jährigen zu beantragen. Die ist nämlich Voraussetzung, um überhaupt einen Ausweis beantragen zu können, der wiederum zwingende Voraussetzung ist, Rente beantragen zu können, die wiederum Voraussetzung ist, einen Platz im Altenwohnheim im Häuschen bei seiner Mutter beantragen zu können.
Also hole ich die Verwandtschaft und Sami ab und bringe sie zum Amt. Hoffentlich wird das was.
Bürokratie ist unbarmherzig. Auf dem Amt ist Gnade nur ein Wort. Fest steht, dass einer wie Sami, der kein Auto hat, nicht schreiben kann und keinerlei Unterstützung irgendwoher hat und natürlich auch kein Geld für einen Rechtsbeistand besitzt, ein solches Behördenverfahren niemals bewältigen kann. Es war unser Vorteil, dass ich heute für ihn sprechen konnte.
Als ich Sami heimfuhr und ihn zu seiner Unterkunft begleitete, fuchtelte ein Betrunkener mit einer Axt bedrohlich über einem Knirps umher und machte Bewegungen, als würde er zuschlagen. Da bleibt einem das Herz stehen. Kurz darauf überließ der Herr wenig verantwortungsvoll 3 kleinen Buben die Axt, die das Teil nun über Kopf (!) schwangen. Ehrenwort! Was soll man da sagen oder machen?"Gabel, Schere, Messer, Licht, gibt man kleinen Kindern nicht!", wird hier nicht mal müde belächelt.
Es gibt noch Szenen, die sind nicht veröffentlichkeitsfähig, aber es schon erschreckend, was sich so alles abspielt.
Schönes gab's aber auch noch. Ein winziges Hundchen ohne Namen, zum Beispiel. Sehr putzig.
"Grrrr. Pass' bloß auf; ich kann total fest beißen! Schließlich werde ich mal Hund. Rrrawau"
Dann fuhr ich noch zum Baumarkt, um einen einfachen Holzofen für mein Zimmer zu erwerben. Es ist durch die Meeresnähe sehr feucht und kalt in meinem Zimmer. Die Buchseiten kleben zusammen und die Bettdecke ist immer klamm. Elektroheizer ist zu teuer; Paraffinofen stinkt sehr.
Im Baumarkt fragte mich der Verkäufer John Smith (Smithy), warum ich in Thembalethu wohne. Als ich wieder meine Antwort gab "ich erzähle von Jesus", sagte er strahlend: "Oh, jetzt haben wir zwei aber was zu reden ...!".
Man könnte beim Lesen meinen, ich würde ständig übertreiben, aber auch Smithy, der ehemalige Partyhengst, hatte ein wunderbares Zeugnis, nachdem Jesus letztes Jahr in sein Herz kam und sein Leben verändert hat. Er hat angefangen zu erzählen: "Du glaubst es nicht, aber der HERR hat ...". Doch, ich glaube! Gott ist gut. Smithy hat schon viel mit Gott erlebt, rennt seitdem in jeden Gottesdienst, den er kriegen kann und brennt, wie ein Strohhaufen. Fasste sich über die Arme, weil ihm beim Reden über Jesus Gänsehaut kam. Cool.
Bevor ich nach Hause fuhr, sah ich bei Sonnenuntergang den Mond und die Berge (das Handyfoto kann das nicht wiedergeben) und bekam in dem Bewusstsein feuchte Augen, als ich an Jesus dachte: "alles ist durch ihn und für ihn geschaffen". (Kol 1). Schön gemacht.
Heute, am Dienstag Abend war spontanes Gebetstreffen mit Sadrach (siehe Dan 1,7), einem jungen schwarzen Pastor mit einer entstehenden Xhosa-Gemeinde in Thembalethu und ein paar seiner Gemeindeglieder. Wir haben mit 10 Personen in Smavas Häuschen gesungen, gebetet und Sadrach und ich haben das Evangelium verkündigt. Smava hat auch gepredigt. Sich und uns. Unter Tränen. Sie sagte, sie sei es "satt mit der Gottlosigkeit der säkularen Welt". Sie will jetzt "ernst machen und nur noch aufs Kreuz schauen". Meine katholische Schwester, die jetzt schon nachts im Klar-Traum in Sprachen betet, gibt Gas. Danke Jesus!
Ava, die Ziehtochter von Smava, die nächste Woche 16 Jahre alt wird, hat ihr Leben bei unserem Hausgottesdienst Jesus gegeben. Halleluja! "Praise Jesus!", würde mein Freund Sami jetzt laut ausrufen. Er ist nicht da, also rufe ich es: "Praise Jesus!"
"Es sind aber noch viele andere Dinge, die Jesus getan hat; und wenn sie eines nach dem anderen beschrieben würden, so glaube ich, die Welt würde die Bücher gar nicht fassen, die zu schreiben wären. Amen." (Johannes 21,25)
Dienstag, 20. April 2010
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