Church building / Kirchengebäude in Thembalethu

... God has chosen the weak things of the world to confound the things which are mighty; And base things of the world, and things which are despised, has God chosen ... (1Cor 1:27.28) p>p>p>

Samstag, 10. April 2010

Ich möchte diesen Teppich nicht kaufen - Bitte!

Heute war ich mit dem Rad unterwegs. War mit Mark, der materiell "alles hatte - und alles verlor", verabredet. Er war mit seinem Sohn Joshua wieder wegen einer relativen Kleinigkeit die 6,5 Stunden nach George gelaufen. Wir haben uns über die Frage unterhalten, warum einerseits Christen leiden und andererseits so wenig Unterstützung aus den "eigenen Reihen" kommt. Wir hatten eine gute gemeinsame Zeit.

Später fuhr ich zum äußersten Südost-Zipfel von Tembalethu in Meeresnähe (etwa 5 km von mir entfernt), um eine berühmte Xhosa-Gemeinde, die in einem großen Zelt von Freitag bis Sonntag Gottesdienst feiert, in Augenschein zu nehmen. Kirche war gerade nicht, aber ich hatte wieder ein paar sehr positive Begegnungen und ich wünsche mir sehr, dass ich die Sprache sehr viel besser sprechen könnte und über das woher und wohin hinauskomme oder auf die Englischkenntnisse meines Gegenübers angewiesen zu sein. Aber von nix kommt nix!
Mein Lehrbuch, in das ich viel zu wenig hineinschaue, lehrt offensichtlich die Hochsprache. Smava sagte, als sie die Dialoge in dem Buch anschaute, dass hier keiner so reden würde. Sie kennt die Dialoge nicht mal von ihrer Heimat, dem Ostkap. Na prima. Und jetzt?
Auf den Schreck möchte in den Teppich nicht kaufen - Bitte!



Ich hatte dann wieder das Video "GO" von Jackie Pullinger beeindruckt angesehen und eine Mail von Bill aus Australien gelesen. Bill versendet regelmäßig e-Mails seiner meist gewinnbringenden Gedanken über das Christsein und stellt auch manch Hergebrachtes in Frage. Man kann sich bei Interesse auf seine Mailverteilerliste setzen lassen. Mailadresse: bill1949@iinet.net.au

Plötzlich hatte ich, als ich seine aktuelle Mail las, den Eindruck, dass ich die Menschen bei Allbrick besuchen sollte. Bei Allbrick handelt es sich um ein Ziegelsteinwerk am Ende der Straße, in der ich wohne.


Diese Straße, die sowohl Allbrick, als auch mich beheimatet, ist offensichtlich besonders gesegnet, denn über der Hinweistafel findet sich die zutreffende, aber doch überraschende Aufschrift "JESUS IST KÖNIG".


Bei Allbrick hängen am Wochenende immer Leute ab, grölen und saufen. Wem das nicht abstoßend genug ist, der fühlt sich spätestens durch die 3 sich aggressiv gebärdenden, kniehohen Hunde abgehalten, Kontakt zu suchen.
Mittags hatten mich die Hunde schon auf dem Rad gejagt, als ich nur in die Nähe kam, jetzt ging ich also freiwillig zu Fuß hin.

Exkurs: Ich habe hier eine alte Lebensweisheit schon ein paar Mal bestätigt gefunden: "Angriff ist die beste Verteidigung". 
Genauso, wie ich manchmal in Thembalethu die Straßenseite wechsele und zu den Pulks vor den taverns hingehe und die Leute begrüße, statt davon ängstlich wegzugehen. So ist es mir diese Woche schon passiert, als ich zu einem Pulk mit lauter Unbekannten hinging, dass mich prompt einer fragte, ob ich ihm 2 Rand (20Cent) leihen könnte. Ich gab mit einem gut eingeübten und daher sicher angewandten: "Uxolo bhuti, andina mali" freundlich zu verstehen, dass ich leider kein Geld bei mir habe. Damit war ich bei den Jungs der Held :-), wir haben alle herzlich gelacht und keiner wollte nur einen Cent von mir. Exkurs Ende.

Ich wurde bei AllBricks herbei gewinkt und sehr freundlich begrüßt (die Hunde waren jetzt zahm) und mir wurde der beste Sitzplatz auf einer zerbrochenen Plastik-Obstkiste angeboten. Anwesend waren 2 uralte afrikaanssprachige Frauen, 3 afrikaanssprachige Männer, 1 Xhosa-Mann und ein etwa 2 Jahre alter Junge. Man war allenthalben mittelstark vom Alkoholkonsum gezeichnet. Alles eine Familie. Jetzt saß ich da mittendrin.

Plötzlich traute ich meinen Augen nicht. Die uralte Frau ohne Oberkieferzähne, gab dem 2-jährigen Bub die Brust. Das heißt ja wohl, sie kann kalendarisch nicht so uralt sein?!?

Der Xhosa-Mann hieß Moses und redete ziemlich redselig in isiXhosa auf mich ein. Er verstand aber afrikaans, denn die "alte" Coloured-Frau war seine Gattin und Mutter seiner 4 Kinder. Irgendwann habe ich dann auf afrikaans erzählt, dass Moses ein "guter Mann war, der im Namen Gottes die Gefangenen befreit hat". Als der Mann mich unterbrechen wollte, rief ihm seine "alte" Frau zu: "Luister!", d.h. "hör zu!" und ich konnte meine sehr kurze Geschichte über seinen berühmten Namensvetter fertig erzählen.

(Foto oben zeigt das Heim der 6-köpfigen Familie von Moses nebst Hunden)

Einzig Samuel war über meine Anwesenheit zunächst nicht begeistert."Was macht der Weiße hier?". Nach sehr kurzer Zeit war es aber o.k., besonders, als er herausfand, dass wir einen gemeinsamen Bekannten in Pacaltsdorp haben, und dass er sogar -wie ich- Spoony von der Müllkippe kennt (!!!). 

Quentin, der ca. 28 Jahre alte Sohn vom dicken Henry, lud mich ein, ihr Häuschen zu besichtigen. Er führte mir seine Stereoanlage mit riesigen Boxen vor. Ein naiv wirkender, superfreundlicher,  liebenswerter junger Mann. So ein nettes Wesen hatte der! Mit dem ist irgendwas, das mich sehr anzieht. Der hat mich behandelt, wie einen alten Freund.
Er sprach darüber, dass der letzte Woche von Schwarzen ermordete weiße Rechtsextremist Eugène Terre’Blanche gestern beerdigt worden sei, und dass Morden nicht gut wäre.
Als ich sah, dass ein "Schlafzimmergebet" an der Wand angebracht ist, exakt das gleiche, das auch in Smavas Haus hängt, hatte ich einen schönen Anknüpfungspunkt, mit dem ich seinen Gedanken erwidern konnte. Satz 1 handelt nämlich von der Liebe Gottes. Wieder ein sehr kurzer Input meinerseits und ich verabschiedete mich von allen. Allenthalben Freundlichkeit.
Die Hunde blieben übrigens friedlich-freundlich.

Weisungsgemäß  knapp vor Einbruch der Dunkelheit zuhause angekommen (Smava ist immer um meine Sicherheit besorgt), begegnete mir Lwazi. Er ist unter der Woche ziemlich still, reserviert und lacht wenig/nicht. Am Wochenende, wenn er getrunken hat, wird er gutgelaunt und offen. So hat er mich heute wieder, als er mich sah, lange umarmt, mir gesagt, dass ich zur Familie gehöre und ungefragt angekündigt, dass er sich ändern wird. Erstaunlich, denn ich habe ihn nie unter Druck gesetzt. Übrigens auch keine Vorwürfe gemacht oder ihn ob seiner Sucht verächtlich behandelt. Habe ihm Hilfe angeboten und erwidert, dass er allein von der Sucht nicht loskommt (er empfindet sich als nicht süchtig).

Was ist meine heutige Botschaft für mich selbst? Es scheint so zu sein, dass Gott mir ein Herz für diese Menschen gibt oder schon gegeben hat. Ich denke keine Sekunde daran, dass sie unter meiner Würde oder  unter meinem Niveau wären.  
Würde ist für alle Menschen gleich. Gott sieht die Person nicht an; ihm sind sie alle gleich wertvoll.
Niveau ist etwas, was ich erlerne und das sehr eng mit meinen Lebensumständen, meiner Sozialisation in Zusammenhang steht. Dazu kann ich nur bedingt selbst beitragen. Somit kann es keinen Raum für Überheblichkeit geben.
So frage ich mich, wie es mir ergangen wäre, hätte ich in Thembalethu oder einem vergleichbaren Ort die Dunkelheit der Welt erblickt.

Außerdem denke ich an die christlichen Aktivitäten, die "Outreaches" und "Crusades", die Gemeinden auch hie und da an einem offenen Platz am Eingang von Thembalethu mit Lautsprecheranlage und feurigem Aufruf organisieren. Ich sage nicht, dass das schlecht ist, keineswegs.
Aber bestimmte Menschen lassen sich damit nicht erreichen, vermute ich. Sie werden dort nicht zu finden sein. Die muss man wahrscheinlich dort abholen, wo sie sind.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen