Nachdem ich Jean und ihre Begleiterin Caroline an diesem Sonntag Abend etwas chauffieren durfte, war der NISSAN Skyline nun am Dienstag leider in der Werkstatt (ist es immer noch). Daher haben mich die beiden Damen sowie Paul, Oli's Sohn, zu einer Veranstaltung in Hartenbos, einem Städtchen eine gute halbe Stunde von George entfernt, mitgenommen.
Das war eine sehr schöne Fahrt. Die 3 haben im Auto Kinderlieder aus der sunday school ("Kinderstunde") gesungen und dazu geklatscht und sich gefreut. Da dachte ich mir: wie einfach kann doch Glauben sein. Da ist nun eine 75 Jahre alte englische Frau mit einem weltweiten Heilungsdienst, ihre Freundin, ca. 50, sowie ein 55 Jahre alter Pastor aus Südafrika und die singen einfache Jesuslieder für Kinder und freuen sich. Ei, wie schön.

Anwesend waren etwa 30 Damen und 5 Herren. Wirtschaftlich offenbar gut gestellte Afrikaanse Leute. So um die 50-70 Jahre alt. Die Damen typisch für diese Bevölkerungsgruppe sehr elegant Ton in Ton gekleidet. Schuhe, Ringe, Broschen, Ohrringe, Ketten und Nagellack auf das Perfekteste aufeinander abgestimmt. Auch in den ungewöhnlichen Farben. Z.B. alles, bis ins Detail in türkis, oder alles in hellblau. Haare gefärbt und gestylt, aufgeklebte Fingernägel, Makeup, usw. Ein perfektes Äußeres wie aus dem Katalog halt.
Damit man sich ein Bild machen kann, oben ein Foto eines südafrikanischen Damenclubs. In der Kirchengemeinde in Hartenbos herrschte noch ein Stückchen mehr Eleganz (ich sage das nicht, um die Damen bloß zu stellen, sondern nur, weil man in Deutschland vielleicht nicht soviel Einblick in die Gegebenheiten hat.
Gerade die letzten Tage habe ich mich allerdings dabei erwischt, dass mir der offensichtliche Kontrast zwischen arm und reich etwas zu schaffen macht. Ich musste aufpassen, nicht auf der anderen Seite vom Pferd zu fallen und keine negativen Gefühle aufkommen zu lassen. Steht mir auch nicht zu, weiß ich, aber solche Gedanken wollen sich gerne einnisten. Ich möchte ja genau Menschen nicht nach dem Äußeren beurteilen. Weder arm, noch reich.
Mein erster Gedanke war also, als ich diese Damen in der Gemeinde sah: "Oh Schreck!!!" "Ich bin in der Höhle des Löwen. Mitten im Wespennest." Naja, Gott hat Humor! Ich habe mir Mut gemacht, dass ich ja ausschließlich gekommen bin, um etwas von Jean und Paul zu lernen.
Die beiden haben über das Thema Heilung aus biblischer Sicht und über ihre eigenen Erfahrungen gesprochen.
Dann haben Jean, Caroline und Paul für jeden einzelnen, der es wollte, gebetet und einige der feinen Damen, einschließlich der extravaganten Pastorengattin, die nach vorne kamen, lagen im teuren Kostüm auf dem Boden und haben die Hände mit Hallelujah und Tränen zum Himmel gereckt. Gleichermaßen die Herren. (Huch??)
Später wurde für Kranke gebetet. Die Anwesenden der Gemeinde waren richtig gut unterwegs. Nicht laut, aber intensiv. Ich war dabei, wie unter anderem einer etwa 70 Jahren alten Dame massive orthopädische Probleme genommen wurden. Sie hat vor Freude geweint ...
Dann wurde ein junger Mann von außerhalb der Kirchengemeinde herbeigeholt, der im Rollstuhl sitzt, unter Multipler Sklerose leidet, und seinen Körper nicht mehr kontrollieren kann. Er hat keinerlei Balancegefühl.
Jean hat mir gesagt ich solle meine Hände auf seine Knie legen und so für ihn beten. Also habe ich entsprechend vor ihm gekniet. Sie und Paul fassten ihn an den Händen und Armen. Die anderen Damen und Herren standen um ihn herum und beteten in großer Einheit in Englisch, Afrikaans und in neuen Sprachen. Es war nicht emotional, aber mir und einigen anderen liefen die Tränen. Irgendwie wurde mir dieser Mann auf einmal für ein paar Minuten sehr nahe. Das hatte ich so bei mir noch nicht erlebt. Der Kranke ist aufgestanden, setzte sich aber nach einigen Minuten wieder in den Rollstuhl. Er ist jetzt nicht spektakuär herumgesprungen, aber Jean hat ihn schon ohne Rollstuhl laufen sehen. Der Mann war die längste Zeit an den Rollstuhl gefesselt. Jesus lässt ihn zu Seiner Zeit laufen! Bestimmt.
Foto: vorne: v.l.n.r. Jean Neil (75!), Caroline, Paul Raper
hinten: Pauls Auto, alter VW Jetta
hinten: Pauls Auto, alter VW Jetta
Im Auto habe ich mich länger mit Caroline unterhalten. Sie und ihr Mann machen eine starke Arbeit unter den rumänischen Zigeunern, in dortigen Waisenhäusern und Schulen. Daneben haben sie in ihrer englischen Heimat Yorkshire einen Jesus-Pub, der sehr gut von denen angenommen wird, die mit Gott "eigentlich" nix zu tun haben wollen. Jeder ist willkommen und man bekommt Pommes frei. Einzige Bedingung: Es gibt einmal pro Session einen 5-minütigen Impuls. Den muss man sich antun :-)
Was sie alles über Rumänien und den Pub erzählte, wäre allein einen langen Eintrag wert. Es hat mich alles sehr berührt und war eine Ermutigung für mich, voranzugehen.
Zum Abschluss waren ich zu Hause bei Pauls Eltern Oli und Ria mit den beiden Engländerinnen zum Pizzaessen. Alles herrlich unkompliziert und natürlich. Oli hat zu Pizza und Rooibostee aus dem Stand noch eine Bibelstunde zum umstrittenen Thema: "Wer sind die Söhne Gottes" aus Gen 1, serviert. Sagenhaft.
Mit ein paar a capella Liedchen und Gebet wurde der Abend beendet und ich nach Thembalethu sowie die Damen zu ihrer Unterkunft gefahren.
Dass man den Glauben nicht verkomplizieren muss, sondern wie ein Kind auf das hören, was der Geist Gottes sagt - und das Gehörte tun.
Dass Gott Gebet erhört; dass Er Sein Timing hat. Ich war live dabei, wie Gott in einer kleinen Gruppe von Menschen innere und äußere Heilung schenkte. Es war kein effektvoller (Fernseh-) Megagottesdienst, dem vielleicht der Geruch des Manipulativen und des Kommerziellen anhaften könnte.
Dass (in Bezug auf die feinen Damen) meine Vorurteile Urteile sind, sie mir nicht zustehen und daher zu verurteilen sind.
Schließlich ist mir positiv aufgefallen, dass Menschen, wie Jean Neil, die einen so einflussreichen Dienst haben, nicht zwangsläufig besonders spirituell daherkommen müssen. Sie ist eine sehr sympathische, humorvolle, bodenständige, unkomplizierte Frau ohne formale theologische Ausbildung: Dennoch ist sie eine Dame, die sich rückhaltlos von Gott gebrauchen lässt, Ihm die Ehre gibt und eine Wirkung hinterlässt. Wie sagte Paul Washer treffend: "Es gibt keine großen Männer Gottes, es gibt nur einfache Menschen, die sich von einem großen Gott gebrauchen lassen".
Hier noch mal der Hinweis auf das 7:45 Video mit ihrer Geschichte. Ab Minute 4:10 gibt es Ausschnitte vom entscheidenden Gottesdienst, in dem sie geheilt wurde. Wenn man das sieht, kann man das vielleicht alles als große Show abtun. Lernt man Jean kennen, nicht mehr.
Übrigens, als mich Paul in der Dunkelheit nach Themalethu fuhr, hatte ich das Gefühl, ich komme heim. Nicht in ein schmuddeliges Township, sondern nach Hause.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen