Church building / Kirchengebäude in Thembalethu

... God has chosen the weak things of the world to confound the things which are mighty; And base things of the world, and things which are despised, has God chosen ... (1Cor 1:27.28) p>p>p>

Freitag, 19. März 2010

Geo allein zuhaus'. Neues aus der Nachbarschaft. Es geht um Leben und Tod!

So. Die gesamte Familie Smava, Lwazi, Ava und Wami ist abgereist. Ich habe sie in zwei Etappen, Mittwoch  und Donnerstag Abend, zur 10 Kilometer entfernten Haltestelle für den Bus gebracht. Dort trafen sie einen Cousin, der bereits aus Kapstadt mit dem Bus kam.


Jetzt fuhren sie jeweils eine ganze Nacht durch, und stiegen später noch in Minibusse um, um schließlich 12 Stunden später ihr 700 km entferntes Heimatdorf Mnxe bei Cala zu erreichen. Mnxe liegt im Ostkap im Gebiet des früheren durch die Apartheidregierung eingerichteten Homelands Transkei. In der Transkei und in anderen Homelands, waren die Schwarzen quasi eingepfercht und konnten ihr eigenes Südafrika nur mit Visum bereisen. Es war ein teilautonomes Gebiet mit einem eigenen Pass, dem Book of Life, dem "Buch des Lebens" :-) .

In Mnxe begeht die Familie am Samstag die Begräbnisfeier der letzte Woche verstorbenen Großmutter bzw. Mutter. Ich konnte erstaunlicherweise in den ganzen Tagen, seit ihrem Tod keine Trauer über den Verlust der Mutter bzw. Oma ausmachen. Wir haben zwar gemeinsam ein Familienalbum angesehen, aber man war allenthalben sehr nüchtern mit der Situation umgegangen. Hätte ich nicht gedacht.

Zum Begräbnis kommt über mehrere Tage die ganze Familie und große Teile des Dorfes zusammen. Etwa 400 - 500 Personen.
Daher wurden Kleider und Schuhe gekauft und Haare neu gestylt -  Ein Zelt wurde gemietet. Eine Kuh und 3 Schafe werden später vor Ort geschlachtet. Smava sagt, diese überdimensionierten Feiern seien nicht in der Xhosa-Tradition verankert, sondern erst seinerzeit mit der "Kirche" durch die Priester eingeführt worden. Über die Generationen hätte sich dann eine regelrechte Bestattungsindustrie entwickelt.
Die Schwarzen schließen Versicherungen mit jahrzehntelanger Laufzeit ab, indem sie an einem funeral plan teilnehmen. Keine Lebensversicherung, sondern eine Absicherung ausschließlich zur Deckung der Kosten für die eigene Bestattung und die damit einhergehenden Zeremonie. Das TV ist randvoll von entsprechender Werbung. Viele Leute sparen sich die umgerechnet etwa 5 Euro im Monat vom Munde ab. Da kommt doch glatt Freude bei der ganzen Familie auf (siehe Foto).

Habe mich ebenfalls im allgemeinen Beerdigungs-Vorbereitungsfieber dem Familienfriseur anvertraut (nicht Kusta, dem alten Scharfrichter).
Vielmehr einem Nachbarn aus dem Kongo, der in 2 km Entfernung einen Containersalon betreibt. Einwandfreier Maschinenschnitt für 2 Euro. Auf Sperenzchen wie Waschen, Fönen und Spülung wird natürlich verzichtet. Kann man ja selber machen, wenn es einem danach ist. Das Ergebnis sieht für mich nicht anderes aus, als bei einem teuren Coiffeur, bei dem das Schneidgerät mit abgespreiztem kleinen Finger bedient wird. Das war hier der erste Friseursalon, in dem ich sage und schreibe weder ein Waschbecken, noch eine Fön gesehen habe. Der "ist-es-recht-so?"-Spiegel für den Hinterkopf bestand aus einer großen Spiegelscherbe.

Wie auch immer, jetzt bin ich frisch frisiert für Hühner, Katze und Hund. Mein Verantwortungsbereich hat sich ja nun erweitert auf die Fütterung derselben sowie auf die Überwachung der Eierproduktion. Die Tiere haben sich schnell an mich gewöhnt und sind oft in meiner Nähe. Auf dem Stuhl (Foto unten) sitze ich, wenn ich nicht fotografiere. Ich bin umzingelt von Getier.


Wenn ich was schreiben will, kommt mir Kitzi auch in den Weg und lässt es nicht zu.


Wie überhaupt diese Katze sehr viel Freiheit genießt, z.B. die, letzte Woche ungestraft aus dem Auffüllbehälter für den Teekessel trinken zu dürfen. Na ja, wird immerhin später abgekocht (das Wasser, nicht die Katze!). Wollen wir mal nicht zu empfindlich sein.


Sprache lernen und sich darauf konzentrieren fällt mir schwer, auch, weil die Kontakte zunehmen und ich oft mit irgendwem am Schwätzen bin. Zum Beispiel mit Eunice aus einer anderen Ecke von Thembalethu. Eine ihrer vier Töchter ist mit einem Deutschen aus Mömbris bei Aschaffenburg verheiratet ist. Das Paar lebt in Kapstadt.

Mit Nela von nebenan habe ich trotzdem ein bisschen aus einem Bilderbuch lernen wollen. Tiere. Aber sie ist eine so strenge Pädagogin! Immer unzufrieden mit meinen Leistungen. Gerade 7 geworden, lacht sie mich ständig aus. Sie sagt ein Wort, ich spreche es zigmal nach, und sie kann sich kaum halten vor Lachen. Sie spricht es besserwisserisch vor - ich spreche es nach, sie lacht sich wieder schief.  (Hahaha! Sehr witzig!)

Dann kommen wir zum Wort für Frosch ixoxo bzw. isele. Sie zeigt mir daraufhin einen echten isele, der hinter ihrem Häuschen - wie sie sagt, seit 2 Tagen -  in einem zu einem Drittel mit Wasser gefülltem Eimer schwimmt.


Ich habe sie gefragt, ob wir den kleinen isele nicht besser freilassen, weil er ja aus eigener Kraft die glatten Wände nicht emporklettern kann. Nach ausschweifenden Erklärungen ihrerseits hieß das Urteil aus süßem Kindermund: "No, leave him there". Ein harter Richterspruch. Ich bin in die Revisionsverhandlung gegangen und habe nochmals an die letalen Folgen für den grünen Freund erinnert. Doch Euer Ungnaden hatte gesprochen. Basta. Da war nix zu wollen. Ich habe ihr in einem letzten Akt blanker Verzweiflung angeboten, die Mama zu fragen, ob sie als höchstrichterliche Instanz vielleicht doch noch  ... vielleicht ... irgendwie ...
Und siehe da, die Verhandlung vor dem Berufungsgericht ging zu Gunsten des Frosches aus. Sieg auf ganzer Linie. Freiheit! De libertate rana.

Also den kleinen isele im Eimer sowie Nela genommen und ihn etwas abseits des Hauses ausgesetzt. Ich habe mit Nela noch mal die weitreichenden Vorzüge des lebendig-seins gegenüber dem tot-sein erörtert. Am Ende war auch sie der Meinung, dass es wohl besser war, so.


Von weit geringerer Dramatik war mein Einsatz, meinem unmittelbaren Nachbarn zu helfen, sein Häuschen betreten zu können, Zum Glück gab es keine 7-Punkte Türverriegelung und sonstige Hemmnisse zu überwinden. Er hatte lediglich den Schlüssel zum 1€ Vorhängeschloss verloren. Knack und weg!



Ansonsten bin ich immer mal bei der Suppenküche und helfe manchmal (eigentlich unnötiger Weise) bei der Essensausgabe mit. Hab' auch schon mitgegessen. Es schmeckt zwischen sehr akzeptabel und ziemlich gut. Wer starken Hunger hat, für den dürfte es sogar richtig lecker sein. Übrigens: Messer und Gabel benutzen die Xhosas generell nicht. Nur einen Suppenlöffel. Was sich mit dem nicht bewältigen lässt, kommt zwischen die Finger. Das pikiert hier keinen. Hier fällt mir mein Opa, Jahrgang 1899  - stets für einen kecken Spruch gut -  ein, der immer sagte: "Und also sprach Jesus zu seinen Jüngern, wer keine Gabel hat, isst mit den Fingern".
Das mit dem Löffel ist allemal um Lichtjahre bequemer als chinesische Essstäbchen. Es ist sogar angenehm zu nennen!

Sprachlich bin ich leider bis auf weiteres auf absolut verlorenem Posten, wenn sich die vier Damen vom Grill in der Suppenküche  unterhalten. Daran hat auch Nelas Lehrstunde wenig geändert. Obwohl: in einer französischen Feinschmecker-Suppenküche könnte ich isele umlenze sagen. Froschbein. Na gut, auch nicht wirklich toll.
Aber immerhin habe ich verstanden: Ndifuna ibhaybhile. Zwei Mamas möchten eine Bibel von mir haben. Nun, das ist mir in Deutschland noch nicht passiert, dass ich nach einer Bibel gefragt worden wäre. Ich konnte noch die Frage nach dem Format (es gibt 2 unterschiedliche) zusammenstolpern, ob es die "kurze" oder die große Ausgabe sein soll.
Als ich dann heute die Bibeln in der Stadt kaufte, kam ich anschließend genau 30 Meter bis zum Auto. Eine der Parkplatzwächterinnen, die sich ihren Lebensunterhalt mit dem Einweisen von Pkw etwas Geld verdient, hat den roten Seitenrand aus der Einkaufstüte erspäht und mich angesprochen. Ich fuhr dann zwar weg, kam aber später nochmal zurück und habe ihr auch eine Bibel gegegeben (siehe Foto unten).


Veronika von der Suppenküche hatte gestern ein T-Shirt an mit der Aufschrift "New Yerushalaiem uThixo umnati". Neues Jerusalem - Gott ist hier. Das ist wohl nicht zu leugnen.

Noch was ganz anderes zu Abschluss: mir ist ein "Trick" eingefallen, um nicht als vermeintlicher Elendstourist in Thembalethu zu gelten. Gestern lief ich mit kurzen Hosen aus den 90ern und Badeschlappen zur Suppenküche, die in Sichtweite vom Haus liegt. Da war die Idee geboren! Nun gehe ich in diesem Outfit zielstrebig durch die Straßen zunächst in meiner näheren Umgebung (ohne allerdings ein bestimmtes Ziel zu haben). Wer macht das schon, der nicht hier hingehört, dachte ich mir. (Hoffentlich sieht mich meine Mutter nie so :-) ).




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