Church building / Kirchengebäude in Thembalethu

... God has chosen the weak things of the world to confound the things which are mighty; And base things of the world, and things which are despised, has God chosen ... (1Cor 1:27.28) p>p>p>

Mittwoch, 24. Februar 2010

Stimmungswechsel. Menschenwürde ist nur ein Wort!

Heute, am Mittwoch, schien zunächst die Sonne und meine Rückenschmerzen der letzten Tage waren am Morgen aus heiterem Himmel völlig verschwunden.

In großer Vorfreude hatte ich zahlreiche Toastbrote geschmiert und belegt.
Ich war entschlossen, sie in Thembalethu abzugeben, wo immer sich passende Gelegenheit bieten würde.

Zunächst war ich aber in der Suppenküche. Diese ist sehr einfach (ein paar große Töpfe, 1 Gasherd, 2 Wasserhähne, ein Kühlschrank), aber recht gut organisiert. In zwei unterschiedlichen Reihen stehen Erwachsene und Kinder zum Eintopf fassen an. Erst bekommt die Reihe der Kinder etwas in ihre mitgebrachten Schüsseln, dann die Erwachsenen. Dort traf ich (nicht als Bedürftigen, sondern als Besucher), einen Christen aus Thembalethu. Johnkulani hatte sich angeboten, mit mir einige Schritte zu laufen, denn ich hatte ihm gesagt, dass ich durch die Straßen gehen bzw. mich irgendwo hinsetzen und warten wollte, was passiert. Spannend, dass er mich ansprach, denn ich hatte für einen Begleiter gebetet. Unterwegs war ich dann hie und da nicht unfroh, dass er dabei war. Der Weiße Geo ist und bleibt in der Gegend eine Attraktion und ist nicht immer gern gesehen. Johnkulani übersetzte mir die vorwurfsvollen Zurufe von jungen Männern vor einer Taverne: „Why are you walking here?“.
Es fing dann wolkenbruchartig an zu regnen und jedermann verschwand in den Häusern/Hütten.
In Thembalethu war erstmal nichts mehr zu wollen.

Ich war also völlig durchnässt und fuhr mit meiner Ladung Brote zur Müllkippe von George, die ich im Dezember auf`s Herz bekommen hatte. Die Müllkippe ist etwa 10 km von Thembalethu entfernt.

So, und ab jetzt fehlen mir die Worte über das was mir dort begegnet ist bzw. wie ich mich fühlte.
Wie es auf einer gemischten Müllkippe riecht, die keine Mülltrennung kennt, wenn Hitze und Feuchtigkeit ungehindert wirken können, kann man sich vielleicht noch vorstellen. Dass dort Menschen leben, fällt schon schwerer, anzunehmen. Dagegen muten die letzte Hütten in Thembalethu geradezu wie Beverly Hills an.
Kleidung und allgemeiner Pflegezustand der Menschen bedürfen keiner Beschreibung; das kann man sich ausmalen, wenn man an die Lebensbedingungen denkt.

Nebenbemerkung: Mir ist bewusst, dass ähnliche Szenarien weltweit zu finden sein dürften. Vielleicht sogar noch schlimmer, ich weiß es nicht. So, wie auf dem nachstehenden Foto aus Kambodscha.


Oder in Rumänien vor der deutschen Haustür. Was für mich die Lage in George besonders sein lässt, ist das dramatische Wohlstandsgefälle, dass es so in klassischen Armutsregionen nicht gibt. Das Bewusstsein, dass eine ausgeprägte Mittelschicht vorhanden ist und Edelgolfplätze, Villen und Luxuskarossen in der Umgebung ebenso zu finden sind wie am Starnberger See oder am Alsterufer in Hamburg.

Mir sind jedenfalls auf der Müllkippe Menschen begegnet und ich und weiß nicht so recht, wie ich die Szenerie objektiviert beschreiben soll. Ehrlich gesagt, ist mir auch ein bisschen übel.

Als erstes ist es so, dass ich das Alter der Menschen nicht annähernd schätzen kann. Ich traue mir nicht zu, zu sagen, ob jemand 20 oder 50 ist. Eine einäugige Frau fuchtelte mit einem selbst gebastelten einteiligen Messer (sah aus, wie Aluminium) über ihrem Kopf herum, andere standen auf zusammengeschusterten Krücken und konnten sich nicht einmal bewegen, um ihr Sandwich bei mir abzuholen. Wieder andere hatten Stangen oder Stöcke in der Hand. Hat mich an die Science-Fiction-Filme über die Erde nach einem Atomkrieg oder die Zombie-Filme der frühen 80er erinnert, die ich (leider) damals gesehen habe.
„Entmenschlicht“, ist vielleicht die Vokabel, die es am ehesten trifft, wenn ich diese armen Leute beschreiben sollte.
Und doch, steckt auch in dieser Hülle, die das meiste vermissen lässt, von dem wir sagen würden, dass es eine Person ausmacht, und den Menschen nur erahnen lässt, eine geliebte Seele.

Im Matsch und Schlamm der Müllkippe sind einige „Bewohner“ damit beschäftigt, Müll von herbeikommenden Kleinlastern bzw. Pick-Up's abzuladen, in der Hoffnung, irgendetwas dafür als Gegenleistung zu erhalten bzw. etwas Verwertbares für sich selbst zu finden.

Habe Xhosas und Coloureds im Rahmen meiner Möglichkeiten angesprochen. (Afrikaans mit den Coloureds geht leichter). Sobald zu sehen war, dass ich etwas anbot, kamen die Menschen zügig zu mir. Sie waren sehr diszipliniert und haben (bis auf eine Ausnahme) nur das genommen bzw. gefordert, was ich ihnen gegeben habe.

Ich bin durch den Matsch der Müllkippe gestapft und mir ging es wie Jesus, als Er über Jerusalem weinte (Lk 19,41). Das Gefühl zu haben, hilflos zu sein, war ausgeprägt. Alle bekannten Konzepte erkennbar nicht zielführend. Da ist es augenscheinlich mit belegten Broten nicht getan! Mit meinen feuchten Augen dachte ich bei mir „Menschenwürde ist nur ein Wort“.

Und im letzten Winkel der Müllkippe traf ich einen Mann und ich gestehe, dass ich nicht wusste, wie ich mit ihm angesichts meiner lächerlichen Wurstbrote an diesem Ort des Grauens und der Hoffnungslosigkeit über die Liebe Gottes reden sollte. Ich hab`s trotzdem gemacht  - weiß nicht mehr, was oder wie ich es gesagt habe -  aber ich war scheinbar trauriger, als er der Mann! Wir haben über Jesus geredet, er wusste, dass Jesus Gott ist. Wir sprachen über das Herz und der Mann lächelte mich an und bedankte sich vielmals. Den besuche ich wieder!
An dieser Stelle muss ich beim Schreiben ein paar Mal innehalten und pausieren. Die Eindrücke waren sehr bedrückend für mich.


Auf dem Weg zum Ausgang hatte ich wieder die Gruppe von ca. 8 Personen (darunter die erwähnte einäugige Frau mit dem Messer) zu passieren. Allerdings nur noch 3 Brote dabei. Zwar hatte schon jeder etwas bei meiner Einfahrt bekommen, aber ich wollte das restliche Essen gerne an den Mann bringen. Jetzt, im Nachhinein weiß ich, dass es unklug war, 3 Brote an 8 Menschen zu geben. Eigentlich logisch ...

Armut aus der Nähe betrachtet ist nicht romantisch.

Nun werde ich den Eindruck nicht los, dass ich wenig weiß über das Leben außerhalb meiner behüteten Wohlstandswelt.
Und auch wenn ich Mitte der 90er in den Nachwehen des Bürgerkriegs gut eineinhalb Jahre in Bosnien gearbeitet habe, das ist nochmal anders hier.



Nachtrag: 00:52 Uhr Ortszeit:
Habe jetzt, Stunden später, immer noch den ekligen Geruch in der Nase. Trotz allem freue ich mich jetzt schon, wieder mit meinen Broten auf die Müllkippe zu fahren. Die Tageslosung für heute aus 1. Mose 24,40 lautet: "Der HERR wird seinen Engel mit dir senden und Gnade zu deiner Reise geben."  (Danke, Jesus :-))

1 Kommentar:

  1. Hans-Joachim Nos25.02.10, 18:18

    Mein lieber Geo,

    ich freue mich darüber, dass Du diesen Menschen mit Brot und Bibel hilfst. Es ist aber kein ungefährliches Unterfangen, da im Falle von Alkohol- und Drogenkonsum Aggressionen auch gegenüber Hilfeleistenden zu erwarten sind.
    Bitte paß auf Dich auf!

    Dein Freund Jochen

    AntwortenLöschen