Entscheidendes Statement vornweg, um allen Missverständnissen vorzubeugen:
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Dazu passt, was Virginia, meine Hauswirtin, die mit Spitznamen allseits nur Smava gerufen wird, neben dem Küchenfenster hängen hat:
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Jetzt zu meiner Wohnsituation:
David, der ein paar Hütten weiter wohnt, hat in Absprache mit meiner Vermieterin und mir, einige Verbesserungen an meiner Wohnsituation herbeigeführt. Ein 5-Liter Eimer Farbe, hat meinem Zimmer einen bedingt hübschen Braunton beschert und den durch ehemaligen Wassereinbruch entstandenen Pilzbefall an den Wänden übertüncht. Die Gipskartonplatten, die das Wellblechdach von innen verkleiden, wurden zu einem Drittel entfernt, damit ich nicht mit einer Atemschutzmaske schlafen muss. Jetzt habe auch ich, wie die allermeisten Leute hier, freie Sicht auf rostiges, löchriges Wellblech. Aber dafür hält sich die Geruchsbelastung in Grenzen. Die offene Decke stört mich indes gar nicht. Wer starrt schon ständig an die Decke – nur, wem langweilig ist. Ist mir aber nicht.
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Strom habe ich auch. Ein Verlängerungskabel wurde vom Haupthaus in mein Zimmer gelegt, an welches eine Glühbirne mit offener Verdrahtung an die Decke gehängt wird. VDE würde einen jagen. Geschaltet wird durch Stecker rein/raus.
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Auf dem Boden liegt ein hauchdünner Plastikfußbodenbelag von der 2x4 Meter-Rolle, der nicht geklebt, sondern nur ausgerollt wird. Sieht dann aus, wie eine Berg- und Talbahn, so wellig ist das. Er ist fast so dünn, wie es sein Name es in isiXhosa vermuten lässt, nämlich „itapethy“. Aber was kann man erwarten für umgerechnet 65 Cent je Quadradmeter?! Trotzdem ist „itapethy“ der „Naaamba Uuaaan“ Fußbodenbelag hier. (Es gibt bei den Xhosas eine Art „super“, „spitze“ oder „erstklassig“ zu sagen, nämlich „Number One“ mit einem schwarzafrikanischen Akzent. Ein langgezogenes „Naaamba Uuaaan“, mit einem "Daumen hoch", eben.
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Mir fällt die alte Fernsehwerbung von 3-Wetter-Taft ein. Freitag! Thembalethu ... Regen, das Dach ist dicht. Samstag! Wind - Die Hütte hält.
Naja, man ist also froh, wenn die Basics stimmen; wenn der Regen draußen bleibt und es Wasser und Strom gibt.
Kronenkorken kommen unter anderem zum Einsatz, um die Innenverkleidung der Bretterwände (Karton) zu fixieren. So wie hier in Lwazis Zimmer an der linken Wand schwach zu erkennen.
Der vorher erwähnte David war es auch, der einen WC-Sitz sowie meine mir vor einiger Zeit geschenkte Außendusche installiert hat. Mit dieser Außendusche bin ich sozusagen ein Held. Weniger wegen des Investitionsvolumens von umgerechnet 7 Euro für 3 Rohrschellen, ein T-Stück, einen 90-Grad Winkel, ein Stückchen Schlauchrohr sowie eine Aluschiene (der Duschvorhang war bereits im Materialbestand), sondern weil keiner, den ich bislang kennenlernte, sich unter eine kalte Dusche stellen würde. Auch nicht, wenn es draußen heiß ist. Die Leute aus der Familie und die Nachbarn „are afraid of the cold“ und vermuten sofortige ernstliche Erkältungen durch Unterkühlung, wenn man sowas macht.Naja, man ist also froh, wenn die Basics stimmen; wenn der Regen draußen bleibt und es Wasser und Strom gibt.
Kronenkorken kommen unter anderem zum Einsatz, um die Innenverkleidung der Bretterwände (Karton) zu fixieren. So wie hier in Lwazis Zimmer an der linken Wand schwach zu erkennen.
Was noch?
Mehreren Fenstern konnte ich nun durch den Erwerb von ein paar Scheiben für kleines Geld, zum Namen Glasfenster verhelfen, da entweder Spanplatte oder gähnendes „Nichts“ ersetzt wurde.

In Thembalethu tue ich gut daran, so früh ins Bett zu gehen, so dass ich zeitig am Morgen genug geschlafen habe. Namentlich zur Zeit des ersten Hahnenschreis direkt vor dem einfachverglasten Fenster, das sich, wie geschildert, nicht richtig schließen lässt. Denn der bzw die Schreie verschiedener Hähne ist dann das Startsignal für einige aus der Nachbarschaft, basslastige Musik verschiedener afrikanischer Stilrichtungen aus den naturgemäß nicht isolierten Hütten, erschallen zu lassen.
Überhaupt, das Lärmempfinden ist hier ein völlig anderes, als bei uns dünnhäutigen Westeuropäern. Beispiel: vorgestern Abend habe ich mit meiner Gastgeberfamilie umpokoqo gegessen, ein leicht gesalzener Maismehlbrei mit Sauermilch. Dazu läuft traditionell gemeinsam für alle das Nachrichten-programm von SABC 1. Anschließend Generations, eine täglich ausgestrahlte Seifenoper auf einem kleinen s/w Fernsehgerät mit grieseligem Bild und Zimmerantenne.

In der Familie redet man munter zum laufenden TV, nimmt die Soap auch irgendwie ziemlich ernst und kommentiert das Gesehene, als wäre es real.
Was den kleinen s/w TV betrifft, so ergaben meine Ermittlungen, dass es sich um einen Apparat, des Herstellers TEDELEX handelt, der nächstes Jahr ein Vierteljahrhundert auf dem staubigen Buckel hat. Man sieht auf dem Foto, er ist um einiges kleiner, als die Mikrowelle.
Jetzt kommt's aber: Während die Mehrheit also auch nach der Soap noch weiterhin SABC 1 ansieht, wird sage und schreibe ein zweites Uralt-Fernsehgerät hinter dem Vorhang, der den Essbereich vom Schlafbereich trennt, eingeschaltet. Die Tochter sieht hinter dem Rest der Familie im Schlafbereich ziemlich laut SABC 2 und die anderen und ich sehen vor uns dazu das Bild auf dem TEDELEX, unterlegt mit leiserem Ton als hinter mir SABC 1. Daneben wird bei Bedarf gesprochen. Wie bitte??? Keinen stört's! Keiner meckert.
Es kommt noch besser. Der 11 Jahre alte Wami, auf dem Foto im Vordergrund, erhält mitten in dieser Umgebung, um 21.00 Uhr, die Aufforderung, nun zu schlafen.
Das Allerbeste: Er tut es ???!!!
Heute wohl auch ein klein bisschen zu lange. Täglich um exakt 06.30 Uhr holt ihn der Schulbus ab. Der wartet genau 3 Sekunden und dann ist er weg, der Bus mit den Kindern. Außer mit Wami. Der steht da, mit seiner Schuluniform und dem Ranzen auf dem Rücken. Also habe ich die beiden Kinder heute in die Schule gefahren, damit sie den Unterricht nicht verpassen.
Nochmal zum Thema Lärm: Während ich mir heute Abend Zeit nehme, einiges in den Blog zu schreiben, ist es Freitag, 20.45 Uhr, Ortszeit. Das heißt, dass Wochenende hat hörbar begonnen. Von draußen kommen die Gesänge und Geräusche, wie sie nur jemand deutlich jenseits der 2 Promille-Grenze hinbekommt. Herr Meier würde sich vermutlich in Deutschland zu einem entschiedenen „Ruhe jetzt, sonst rufe ich die Polizei“, hinreißen lassen. Ich und mit mir die anderen bleiben gelassen. Ich bin sicher, dass es bald noch um etliches lauter wird. (Ich höre derzeit noch keine nennenswerte Beschallung).
Nachtrag zum Thema 3-Wetter-Taft. Gerade regnet es und ich merke, das hat Vor- und Nachteile. Vorteil: Draußen krakehlt niemand mehr. Nachteil: der Regen lässt sich nicht vollends davon abhalten, auf itapethy zu tropfen. Dazu fällt mir ein schönes Stück biblischer Weisheitsliteratur ein: "...wie beständiges Tropfen durchs Dach ist die Zänkerei einer Frau." (Sprüche 19,13). Recht hatte der alte Salomo. :-)
Nachtrag zum Nachtrag: Tja, jetzt ist der Regen hier um 23.40 Uhr weg, draußen, steigt der Lärmpegel UND mein Dach tropft immer noch. Doppelpack!
Was sonst noch so los ist:
Nella, das Mädchen von direkt nebenan, auf den Fotos in Schuluniform, wurde heute 7 Jahre alt. Sie spricht alle 3 Sprachen der Region (Vater Omdi ist Schwarzer, Mutter Renni Coloured) und hat schon versucht, mir was beizubringen. Aber ich bin ein sehr schlechter Schüler, der sich ihre langen Lernsätze partout nicht merkt und sie versteht nicht, wie ich so doof sein und nicht richtig isiXhosa reden kann.
Nachtrag zum Nachtrag vom Nachtrag: Um 06.00 Uhr war es höchste Zeit, dass Onkel von Nella, der zu Besuch weilt, die Instandsetzungsarbeiten an seinem uralten Mercedes Diesel fortführt. Dieses Nageln eines Dieselmotors kenne ich sonst fast nur von einem alten Trecker ohne Auspuff.
Nächster Eindruck. Ellenlanges Gezeter aus der Nachbarschaft. Geschrei im Dialog. Handfester Familienstreit. Dann aber harmonischer Gesang im Duett.
Nächster Eindruck: Der SSC Neapel wurde italienischer Fußballmeister und ich befinde mich in der dortigen Innenstadt. Gehupe, Geklatsche, Gesänge. Und wieder teils laute Musik aus verschiedenen Häusern. Es dauerte bei mir anfangs eine Zeit, um herauszufinden, wie alles zusammenhängt. Es ist wohl so, dass sich der Beginn eines normalen Arbeitstages für Einige mit den Auswirkungen der durchzechten Nacht Anderer vermischt. Interessanterweise ist es jetzt um 08.00 Uhr recht leise.
Die Einen sind vielleicht zur Arbeit gegangen und die Anderen eingenickt ...
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