Die Zugfahrt war ein Erlebnis.
Planmäßig sollte das Zurücklegen der Gleisstrecke von Victoria Falls nach Bulawayo von 451 km "nur" 12 Stunden, nämlich von abends 19.00 Uhr bis morgens 07.00 Uhr dauern.
Tatsächlich kamen wir aber erst um nach 12.00 Uhr in Bulawayo an. Nach über 17 Stunden.
Glücklicherweise hatte ich statt 6 US$ für die Economy-Klasse, 10 US$ für ein 1.Klasse-Ticket im 2er Liegeabteil bezahlt.
Es erschien mir, als war dieser Aufpreis von umgerechnet 3 € das bestangelegte Geld meines Lebens.
Zwar betrat ich das Abteil und mich erwarteten statt der 45 Grad Außentemperatur, gefühlte 90 Grad Innentemperatur, denn der Zug stand den ganzen Tag in der prallen Sonne und das Abteilfenster ließ sich nicht öffnen. Doch mit aller Kraft und Verzweiflung bekam ich das Fenster doch auf und so erwartete mich eine schöne Fahrt in der hellen Vollmondnacht.
Bahnhof Vic Falls |
Alle Türschlösser unseres Waggons fehlten. Die Türen schwangen während der Fahrt auf und zu. Manches Waggonfenster war nicht mehr vorhanden. |
Economy-Klasse. 17 Stunden auf der Bank rechts im Bild ohne Polster bedeuten eine Herausforderung. |
"Rauchen auf dem Regen ist verboten" |
Blick aus meinem Abteilfenster |
Er ist auch Christ und so sangen wir How Great Thou Art. Ich auf englisch und er auf Shona. Er hatte auch seine Bibel dabei und wir hatten eine gute Zeit.
Noch ein paar Impressionen von der Zugreise:
Haltestelle irgendwo vor Bulawayo |
Mann springt auf freier Stecke vom fahrenden Zug |
Fahrgäste entladen Gepäckstücke vom fahrenden Zug |
Oder eher "High Noon"? Bahnsteige nicht vorhanden. Sämtliche Bahnanlagen waren marode. Schaltkästen leer und verrostet. Elektrische Weichen wurden nunmehr von Hand bedient. |
Ankunft am Bahnhof in Bulawayo |
Obwohl ich für die Gemeinde meiner neuen Freunde um Pastor Jeff von der Baptistengemeinde in Bulawayo-Barbourfields eingeladen war, entschied ich mich, der Einladung der Pastorenfamilie Thabo und Esther für ein verlängertes Wochenende nach Tembisa zu folgen. Das hatte ich einerseits versprochen und nun war die Gelegenheit günstig, zum anderen, würde ich etwas Neues sehen können.
Ein war eine gute Entscheidung, Johannesburg zu besuchen. Das, was ich von den beiden Townships Tembisa und Ivory Park später sehen sollte, erschreckte mich nicht und ich fühlte mich mit Umgebung und Leuten gleich auf "du-und-du".
Ein war eine gute Entscheidung, Johannesburg zu besuchen. Das, was ich von den beiden Townships Tembisa und Ivory Park später sehen sollte, erschreckte mich nicht und ich fühlte mich mit Umgebung und Leuten gleich auf "du-und-du".
Township Tembisa - Gleiche Einwohnerzahl, wie Frankfurt am Main |
Man hat sich als EU-Bürger schon so sehr an offene Grenzen gewöhnt, da fällt es schwer, sich mit dieser langwierigen Prozedur mit sehr viel bürokratischem Leerlauf anzufreunden.
An der Grenze traf ich wenigstens noch meinen freundlichen Busfahrer Thomas von der Hinreise und wir unterhielten uns über Jesus. Er wusste gute geistliche Geschichten von seiner Oma, ohne jedoch selbst je innerlich beteiligt gewesen zu sein. Ich hoffe, dass eine Saat gesät ist.
Busfahrer 'Baba' Thomas auf der Hinreise am 12.09.10 |
Mzansi-Express - der Bus der Wahl für meine Rückreise nach Jo'burg |
Nun entwickelte sich Wild West.
Plötzlich öffneten Diebe den Kofferraum des Busses und stahlen 4 Reisetaschen. Alle Mann raus aus dem Bus und auf die Suche nach den Tätern. Nach einer Weile schleppten sie einen etwas armselig gekleideten jungen Mann, vielleicht 19 Jahre alt, an und verprügelten ihn am Bus. Zogen seine Schuhe aus, warfen ihn in den leeren Gepäckanhänger des Busses und sperrten ihn dort ein. Nach einer Weile holten sie ihn wieder heraus und verprügelten ihn wieder. Allen voran eine afrikanische Mama, Hauptopfer des Diebstahls.
Wie ich später in Johannesburg hörte, erhielten die Fahrgäste ihre Gepäckstücke zurück und der Täter wurde ohne Hinzuziehung der Polizei entlassen, wie es in amtsdeutsch heißen würde.
Zwischenzeitlich stoppte ein weiterer Bus aus Bulawayo und mein Mzansi-Express-Busfahrer setzte sich erfolgreich für mich ein, dass ich in diesem Bus des Unternehmens Mndabeli kostenlos mitfahren darf.
Einer von mehreren extrem freundlichen Busfahrern aus Zimbabwe. In seinem Bus lag ich mit einer Decke auf der Motorabdeckung zum Schlafen. Wer erlaubt den so etwas? |
Mndambeli-Bus mit Borny auf dem Betriebshof in Johannesburg |
So reiste ich also recht entspannt bis zum Bestimmungsort in Johannesburg.
Auf dem Betriebshof in Johannesburg treffen sich sämtliche Fernbusse der zimbabwischen Städte Bulawayo, Harare und Gweru. Hier werden sie gewartet und gereinigt. Ich nahm mit Borny ein Frühstück ein und wartete auf Thabo, meinen neuen Freund aus Tembisa.
Frühstück mit Busfahrer Borny und dem eingetroffenen Pastor Thabo |
Wasserzapfstelle für das Reinigen der Busse und Ort körperlicher Übergriffe |
In der Stadtmitte von Johannesburg fiel mir auf, dass ich schon seit ewigen Zeiten keinen Weißen mehr gesehen hatte. Weder in Bulawayo, noch auf den Dörfern, im Zug, in den Bussen. Immer war ich der Einzige mit "Blass-Fell", wie es in afrikaans übertragen heißt. :-)
Johannesburg-Stadtmitte ist eine sehr geschäftige, hektische, reinschwarze Ecke der Millionenmetropole.
Wie es manchmal so geht: Ich sprach mit einem der Straßenhändler und gab ihm eines meiner letzten Heftchen.
Straßenhändler in Johannesburg |
Gabriel aus dem Kongo (links) mit meinem Freund Thabo |
Gerade kommt mir der Gedanke, dass angesichts der Entwicklung des "rettenden Glaubens" auf dem Globus (siehe z.B. China, Afrika) wir Weißen aus dem Westen -Stand 2010- im Himmel wohl radikal in der Minderheit sein werden. Das muss anders werden.
Thabo und ich beteten noch für weitere Menschen in der City und irgendwann ging es 20 Minuten mit dem "Minibus" heim zum Township Tembisa, dem Wohnort Thabos.
Dort traf ich erstmals auf seine Familie. Wir hatten fast 3 Tage wunderbare Gemeinschaft.
Die Kinder Gosiame, Lopentse und Thegofatso. Die Namen bedeuten in der Sprache Tswana (Swaziland) "Alles ist gut", "Überwinder" und "Segen" |
Esther und Thabo Nxumalo |
Esther und Thabo reichten mich unabhängig voneinander durch die Häuser von Verwandten und Freunden und baten mich für die Leute zu beten. Eine große Ehre für mich. Überall wo ich hinkam, freute man sich sehr, dass ein Weißer einen Besuch abstattet, denn das hätte es noch nie gegeben, hörte ich immer wieder. Mir ist überall viel Herzlichkeit begegnet.
'Mamomkhulu' (Großmutter) Nomsa, geistliche Mutter Esthers. Ur-Ur-Oma Nomsa hat die ganze Straße evangelisiert (und noch mehr) und so sind heute viele in der Nachbarschaft ihres Freimutes wegen Christen. |
Thabo in seiner kleinen Gemeinde, die sich im Zelt versammelt |
Damenchor der kleinen Pfingstgemeinde |
Wie überall: Hinterher gibt's Kuchen und Getränke |
Die Frau des Hauses, Anna, war 3 Jahre lang Haushälterin bei Reinhard Bonnke, als dieser in den frühen 80-ern in Südafrika wohnte. Was für ein Zufall. Sie hatte sogar noch ein Familienfoto von den Bonnkes und lobte ihn in den höchsten Tönen. Jedenfalls leite ich einen Brief von ihr und ein paar Fotos, die ich gemacht habe, an Hrn. Bonnke weiter.
(Wie groß wohl die statistische Wahrscheinlichkeit war, dass sich bei meinem Kurzbesuch dieser Kontakt auftat?)
Papa Olis Schwiegersohn Peter van den Berg, ist Vize-Direktor von CfaN (Christus für alle Nationen), in den USA. CfaN ist das Missionswerk Bonnkes und so hoffe ich, dass über diesen Kanal Annas Wunsch erfüllt werden kann.
Familie Bonnke vor fast 3 Jahrzehnten in Südafrika |
Anna Mathabathe (53), ehemalige Haushälterin |
Was die Townships anbelangt, haben mich meine Erfahrungen mit Jesus ziemlich furchtlos werden lassen. Dem "gesunden Menschenverstand" nach würde ich manchen Ort instinktiv meiden, aber alle brauchen Jesus und ich weiß, ER ist mit mir.
An vielen Laternenmasten in Johannesburg: Schnell und am gleichen Tag: Abtreibung. Sicher und schmerzfrei. Studentinnen bezahlen weniger. |
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3 kreative Jugendliche führen Tanz, Akrobatik und Zauberkunststückchen in einer Taverne auf. Großes Potenzial, falscher Ort |
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Verbotsschild auf einem Bahnsteig der berüchtigten Johannesburger METRO |
Nachdem es leerer in der METRO wurde, konnte ich mal knipsen. Eigentlich eine S-Bahn wie jede andere. |
Am Ende reiste ich also mit einem Rucksack voller Studentenfutter, Erfahrungen und Eindrücken, nach 3 Wochen wieder 'heim', nach George, Thembalethu, Zone Acht.
17+16+17 Stunden mit Bus und Bahn.
Mein Eindruck von Zimbabwe war deutlich positiver, als das, was man aus den Medien kennt. Zugegeben, das Land ist wirtschaftlich schwer angeschlagen und es fehlt an Entwicklungsmöglichkeiten. Doch bittere Armut, bei der man nicht weiß, wo das Essen herkommen soll, ist mir nicht begegnet. Alkohol- und Drogenmissbrauch, Besitz von Waffen, offene Kriminalität oder Anfeindungen sind mir ebenfalls nicht untergekommen. Vieles, was in westlichen Gesellschaften verbreitet und anerkannt ist und in Zimbabwe fehlt, vermisste ich hier nicht.
Einmal mehr bestärkt sich zudem mein negativer Eindruck über die schlagzeilenorientierte so genannte "objektive Berichterstattung" der freien Medien, die den Menschen in Südafrika ein zweifelhaftes Bild über den Nachbarn im Norden vermittelt.
Ausblick:
Thabo hat vorgeschlagen, dass wir beiden eine mehrtägige "Jesus-Kampagne" im Township Tembisa abhalten. Mal sehen, was aus der Idee wird.
Auf jeden Fall will Thabo mir erst mal sein kleines Heimatland Swaziland, 3,5 Autostunden von Johannesburg entfernt, zeigen. Da bin ich schon erwartungsfroh.
Zudem bin ich von Chris Smith, Pastor des "Wilderness Christian Fellowship", für eine einwöchige Missionsreise ab dem 9. Oktober nach Maseru / Lesotho eingeladen. Da habe ich zugesagt. Es gibt für mich bestimmt einiges zu lernen.
Es bewegt sich also etwas und man wird sehen, wo das noch alles hinführt - außer nach Swaziland und Lesotho.
Immerhin ist Gott sehr kreativ und man darf gespannt auf Seine nächsten Schritte sein.
Gesehen in Vic Falls |
Gesehen in Ivory Park / Johannesburg |
Gesehen in Bulawayo |
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